Entscheidung

VG Leipzig, Beschluss vom 10. Juli 2003 - 4 K 773/03 - Hochschulrecht

Gericht: Verwaltungsgericht Leipzig
Entscheidung: Beschluss vom 10. Juli 2003 - 4 K 773/03 -
Sachgebiet: Hochschulrecht
Streitgegenstand: Physiologieschein

Orientierungssatz:

"1. Die Regelung der Praktikumsordnung, wonach eine Klausur nur dann bestanden ist, wenn mindestens 60 % der gestellten Fragen richtig beantwortet wurden, verstößt gegen Art. 12 Abs. 1 GG, an dem auch studienbegleitende Leistungskontrollen zu messen sind. Denn sie stellen im weiteren Sinne berufsbezogene Prüfungen dar, da sie im Falle eines Misserfolges den Fortgang einer aufgenommenen (Berufs-)Ausbildung verzögern oder unmöglich machen können, so dass der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG, der auch rein tatsächliche Bedingungen und Zusammenhänge dieses Lebensvorganges erfassen will, berührt ist.

2. Denn der in der Praktikumsordnung enthaltene Bewertungsmaßstab ist jedenfalls schon deshalb rechtswidrig, weil er im Falle des Antragstellers für die Bewertung einer Leistung herangezogen wurde, die im Antwort-Wahl-Verfahren (multiple choice) zu erbringen war, obwohl dort nur eine absolute, aber keine relative Bestehensgrenze vorgesehen ist. Eine solche Regelung hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich für verfassungswidrig erklärt, da es sie als unverhältnismäßig erachtet hat.

3. Erfordert Art. 12 Abs. 1 GG bei der Anwendung des Auswahl-Wahl-Verfahrens aber eine relative Bestehensgrenze und ist diese bei der von der Antragsgegnerin aufgestellten Bestehensgrenze nicht vorgesehen, so kann der sich hieraus ergebende Bewertungsmaßstab auch nicht als Grundlage einer Wertung der von dem Antragsteller erbrachten Leistungen als "nicht bestanden" herangezogen werden."

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